Viele Verbände: „AnKER-Einrichtungen keine geeigneten Orte für Kinder und Jugendliche!“

Die Arbeitsgemeinschaft für Kinder und Jugendhilfe (AGJ), in der auch alle Wohlfahrtsverbände Mitglied sind sowie weitere 23 Verbände und zivilgesellschaftliche Organisationen fordern in einem offenen Brief an die Städte und Gemeinden, an das Bundesinnen- und Familienministerium die umfassende Berücksichtigung der UN-Rechte von Kindern und Jugendlichen in der Debatte um die Etablierung sog. AnKER—Einrichtungen sowie des Primats der Kinder- und Jugendhilfe für unbegleitet minderjährige Flüchtlinge. „Die AnKER-Einrichtungen werden keine geeigneten Orte für Kinder und Jugendliche sein“. Der Vorsitzende der Landesarbeitsgemeinschaft Jugendsozialarbeit Bayern, Klaus Umbach, sieht dies genauso. DIe LAG Jugendsozialarbeit setzt sich insbesondere für benachteiligte junge Menschen ein.

Denn Untersuchungen von verschiedenen Organisationen und Verbänden kommen zu dem Schluss, dass schon jetzt im Rahmen der Unterbringung den Betroffenen oft elementare Rechte vorenthalten werden und gerade aufgrund fehlender baulicher Standards manchmal mitunter sogar von einer das Kindeswohl gefährdenden Umgebung gesprochen werden muss. Die insbesondere im letzten Jahr eingeführten gesetzlichen Änderungen in § 44 AsylG waren unzureichend, um diese Säumnisse zu beheben.
Diese betreffen u.a.:

  • Nicht abschließbare und unhygienische Sanitäranlagen
  • Beengte Verhältnisse und fehlende Privatsphäre,
  • Nicht abschließbare Privatzimmer,
  • Abschiebungen mitten in der Nacht,
  • Begrenzter Zugang zu gesundheitlicher Versorgung,
  • Begrenzte ärztliche Versorgung (Notversorgung),
  • Kein Zugang zu Arbeit,
  • Begrenzter Zugang zu Schule oder anderen Bildungsangeboten sowie
  • Unzureichender Zugang zu Unterstützung durch die Kinder- und Jugendhilfe (z.B. Kindertagesstätten).

Ihre geografische Lage, die Größe, die Versorgungsqualität, der Bildungszugang oder die unzureichende Sozial- und Rechtsberatung: Die bayerischen Einrichtungen taugen grundsätzlich nicht als Vorbild.

Die Diakonie Deutschland und der Deutsche Caritasverband wenden sich ebenfalls in einem aktuellen Schreiben an die Innenministerkonferenz, die vom 06. bis 08. Juni tagt. „Längerfristige Unterbringung in großen Aufnahmeeinrichtungen wie in möglichen „AnKER_Zentren“ birgt die Gefahr von Rechtsverletzungen, führt zu Konflikten und sozialer Spaltung.“. Die beiden großen Verbände, die seit Jahren in der Flüchtlingsarbeit und durch bundesweit mehrere hundert Migrationsfachdiensten engagiert sind, geben elementare Grundsätze für eine menschenrechtkonforme Flüchtlingspolitik:

  • Die Dauer der Unterbringung in Aufnahmeeinrichtungen sollte möglichst kurz sein.
  • Die Anzahl der untergebrachten Personen sollte möglichst klein sein.
  • Die besonderen Bedarfe von Flüchtlingen sind zu berücksichtigen.
  • Einrichtungen zur Unterbringung müssen sich in Gemeinwesen einfügen.
  • Asylverfahren sollten durch unabhängige Rechtsberatung und -vertretung unterstützt werden.

Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) lehnt in einem Schreiben den Einsatz der Bundespolizei in den sog. „AnKER“-Zentren ab und übt scharfe Kritik an der Unterbringungspraxis in diesen Zentren.

Alle erwähnten Schreiben finden Sie im Folgenden als Download.